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Review This Story || Author: Michael Fuhs

Anna

Part 10

Kapitel 75



Der nächste Morgen war schlimm- ich wollte überhaupt nicht aufstehen, dachte wieder ganz anders über meine gestrige Handlungsweise, glaubte kein Wort mehr von dem, was mir der Ritchie erzählt hatte von wegen „es wird ihnen schon nichts geschehen“. Man verrät keine Mitsklavin, auch nicht, um die eigene Haut zu retten. Die auf diese Weise ohnehin nicht zu retten war, denn so überzeugte man noch die letzten Zweiflerinnen, dass man ein ganz mieses Subjekt war, eine Ratte. Vor kurzem hätte ich selber noch für den Tod von einer gestimmt, die andere ins Sklavengefängnis schickte aus lauter Schiß, na ja, vielleicht nicht dafür gestimmt, aber auch nicht dagegen. Und außerdem erschien es mir immer wahrscheinlicher, dass die Erika nur geblufft hatte, DA hatte der Richie wahrscheinlich schon recht: hier kannten sich die Frauen doch gar nicht, da war doch eine jede damit beschäftigt, selber durchzukommen irgendwie. Außerdem gab´s neunzig Prozent der Zeit Redeverbot, und während der Mahlzeiten konnte nur kurz mal getuschelt werden, die ganze Zeit die Aufseher im Nacken. Das hier war doch kein Privathaushalt, wo sich alle jahre- oder jahrzehntelang kannten, wo es allseits akzeptierte Respektspersonen gab, die über genug Einfluß verfügten, ein Todesurteil durchzusetzen, wenn eine sich als Verräterin entpuppte.

Entsprechend mies gelaunt, wenngleich innerlich auch beruhigter, was meine eigene Gefährdung betraf, machte ich mich an meine täglichen Pflichten. Ich zog alleine los, ohne irgendeine „Leibgarde“, mischte mich „unters Volk“, einzig „geschützt“ durch meinen Schlagstock, den ich angriffslustig schlenkerte.

Es gab aber nichts anzugreifen. Nichts und niemanden. Das beruhigte mich noch mehr.

Ich beobachtete meine Mitsklavinnen: alle waren irgendwie zielstrebig unterwegs zu ihnen zugewiesenen Plätzen, die Routine hatte sich geändert- jetzt wurden alle abgerichtet zu von ihrer jeweiligen Herrschaft gewünschten Nutz- und Lustobjekten. Das morgendliche Strammstehen entfiel nun weitgehend, außer vielleicht zum Zweck der kollektiven Bestrafung.

Einige waren auch unterwegs zu Quälereien, meist halt Auspeitschungen, die wegen irgendwelcher Verfehlungen über sie verhängt worden waren. Es war ihnen anzusehen- sie schauten noch geduckter und demütiger drein als der Rest der Lämmerherde. Das war nämlich mein vorherrschender Eindruck: eine Herde Lämmer auf dem Weg zur heutigen Schlachtbank.

Ängstliche, geduckte Haltung, zu Boden gesenkte Blicke, während sich eine jede ihren Weg bahnte, um ja nicht zu spät zu kommen.

Die Sache war folgendermaßen organisiert: es gab diverse „Abrichtungs- Gruppen“, ähnlich meiner „Servier- Gruppe“, von denen eine erstaunliche Anzahl von eigens dazu bestimmten Sklavinnen geleitet wurde, die ihr Wissen und ihr Können auf einem bestimmten Gebiet an ihre Mitsklavinnen weiterzugeben hatten. Die Gruppenleiterinnen waren instruiert, mit einem gewissen Maß an Brutalität vorzugehen und vor allen Dingen Strafbücher zu führen(zur Eintragung von Missetäterinnen zwecks später Abstrafung durch den Zuchtmeister oder andere Aufseher).

Die Aufseher überprüften das, also das mit der Brutalität, meine ich, mehr oder minder lose, darüber hinaus war eine jede frei, Methoden ihrer Wahl anzuwenden, will sagen auch Lob und ein gewisses Maß an Freundlichkeit, Hauptsache, das Resultat stimmte.

Der Zuchtmeister, und gelegentlich befaßte sich sogar der Sir himself damit, nahm nämlich in jeder Gruppe in regelmäßigen Abständen Überprüfungen der Lernfortschritte vor, und wehe den „Mädels“ (das waren wir alle, egal ob vierzehn oder vierzig), die die nicht bestanden. Waren es zu viele, sagen wir mal mehr als zwanzig bis fünfundzwanzig Prozent, ging´s auch der Gruppenleiterin dreckig. Die Tage nach einer „Lernfortschrittskontrolle“, wie das offiziell hieß, waren jedenfalls von Wehgeschrei, um nicht zu sagen: Schmerzensgebrüll, erfüllt. Nicht wenige landeten hinterher für eine gewisse Zeit auf der Krankenstation, da die Foltermethoden immer unmenschlicher wurden: Aufhängen mit auf den Rücken gefesselten Armen, was natürlich ein Auskugeln der Schultergelenke zur Folge hatte, oder „Spanische Stiefel“ (schaut im Internet nach, wenn Ihr nicht wißt, was das ist), die schaurige Riß- und Quetschwunden an den Unterschenkeln hinterließen, auch wenn sie hier gar nicht allzu fest angezogen wurden, also jedenfalls nicht so fest wie bei den armen Opfern der spanischen Inquisition, von der sie wohl ihren Namen haben. Desweiteren im Repertoire waren Scheinhinrichtungen, Lebendig- Begraben werden (für Stunden, wobei das bedauernswerte Opfer nur durch einen Gummischlauch im Mund atmen konnte, wenn nicht jemand auf die Idee kam, ihn spaßeshalber zuzuhalten) und und und....

Woher ich das alles weiß: weil ich oft genug dabei war.

Die brauchten nämlich welche, um die Opfer vorher durchzupeitschen (weichklopfen nannte sich das) oder auch währenddessen, beim Aufhängen an den Armen beispielsweise- und zu meiner Schande muß ich gestehen, dass ich weidlich daran mitgewirkt habe. Nur so zu tun, als ob, kam nämlich nicht in Frage, es sei denn, man legte Wert darauf, „die Seiten zu wechseln“, also selber gefoltert zu werden. Und alleine der Anblick dessen, was da abging, reichte oft genug aus, um mich einer Ohnmacht nahe zu fühlen. Nicht selten verspürte ich den heftigen Drang, mich zu übergeben, und brauchte alle meine Willenskraft, es nicht zu tun....

Da war wenig Platz für Widerstand, und sei er innerlich. Um genau zu sein: gar keiner!

Außerdem, so sagte ich mir, wenn sie schon halb besinnungslos sind durch die Schläge, dann spüren sie nicht mehr so arg, was man sonst so macht mit ihnen. Das ist doch richtig, meint Ihr nicht?

Ich habe eigentlich nur ein einziges Mal so getan als ob, zumindest ein bißchen, als ich nämlich eine auf die Fußsohlen schlagen mußte, als die sogenannte „Bastonnade“ befohlen war mithin.

Da habe ich ganz kurz vorher den Schlag immer abgebremst ein bißchen. Die war aber so schlau und hat gebrüllt wie am Spieß und gebrüllt und gebrüllt und deswegen hat keiner was gemerkt. Oder vielleicht waren die Schläge auch trotzdem immer noch schmerzhaft genug, was weiß ich. Schließlich konnte ich nicht so lasch zuhauen, dass es keine Striemen hinterlassen hätte. Das wäre aufgefallen, und, wie gesagt, vor einem „Seitenwechsel“, den man mir oft genug androhte für den Fall „mangelnden Einsatzes“, fürchtete ich mich so arg, dass ich mich hätte einpissen können beim bloßen Gedanken daran.

Das heißt, ein anderes Mal, aber da habe ich mich nicht eigentlich geweigert, da war ich dem Richie und einem anderen zugeteilt und der hat sich abgeseilt in die Kantine, Kaffee trinken, da hat der Richie zu mir gesagt: „Anna, geh auch raus, ich glaube, dir ist nicht gut.“

Dafür bin ich ihm heute noch dankbar, den ich wußte von der Vorbesprechung, bei der ich anwesend war, dass einige ganz üble Dinge auf dem Programm standen.

Ich bin übrigens auch dieser Ärztin wiederbegegnet, Ihr wißt schon, der, die mich gesund gepflegt hat nach der Eingangs- Prügelei, mit der man uns „willkommen“ hieß, ich habe ihren Namen vergessen, aber ihr wißt schon. Die hat mich ganz lange angeschaut, direkt in die Augen, so mitleidig irgendwie, bis ich es nicht mehr aushielt und den Blick abwenden mußte. Geredet haben wir nichts miteinander, obwohl wir es gekonnt hätten, denn wir begegneten uns auf einem Gang, der zufällig ganz menschenleer war.

Wir sind dann in die entgegengesetzte Richtung weitergelaufen, sie in ihrer weißen Ärztinnen- Kluft und ich in meiner schwarzen der Aufseher.


Also jedenfalls- ich beobachtete meine Mitsklavinnen und sagte mir: „Von denen wird keine die Hand gegen dich erheben, das ist doch lächerlich.“ Zudem es ja welche gab, also Sklavinnen, die als Aufseherinnen oder Gruppenleiterinnen eingesetzt waren oder als beides zusammen, so wie ich, die noch viel schlimmer als ich waren und denen das erkennbar Spaß machte. Von einer werde ich Euch noch erzählen.

Die hätte man doch viel eher „wegräumen“ müssen als mich, also ich denke mir, wenn es sowas wie eine geheime Widerstandsorganisation selbst hier an diesem Ort gegeben hätte, dann hätten die doch sicher auch sowas wie eine Prioritätenliste gehabt, und da wären noch etliche Namen höher gestanden als der meine, dessen bin ich mir sicher. Obwohl natürlich auch nicht auszuschließen war, dass es nur eine Priorität gab: „Erledigt, welche ihr als erste erwischt.“

Diesen Gedanken drängte ich aber beiseite, erstens mal, weil er mir unangenehm war und eine ernsthafte Gefährdung meiner mühselig wiedergefundenen  seelischen Balance bedeutete und zweitens, weil ich damals immer weniger an die Möglichkeit einer realen Selbstorganisation der Sklavinnen an diesem Schreckensort glaubte, bis heute übrigens nicht. Obwohl natürlich immer eine Restunsicherheit, ein nicht auszutilgender Zweifel verblieb: „Was, wenn doch?“

Aber so, wie sie an mir vorüberstrebten, jede für sich und erkennbar nur von dem einen Wunsch beseelt, ihren Herren und Meistern zu gefallen, oder uns bestallten Unter- Teufelinnen, nein, lächerlich, von denen ging keine Gefahr aus.

Also stellte ich dieses forsche Hin- und Hergeschlenkere mit dem Knüppel wieder ein, das mir so langsam peinlich zu werden begann und dem ohnehin niemand Beachtung schenkte. In einer Welt, in der Schlagstöcke auf Köpfe krachen (nicht der meine, ich habe nie eine auf den Kopf gehauen, habe ich Euch doch gesagt!), bis das Blut aus der Nase schießt, bedarf es vielleicht auch eindrucksvollerer Drohgesten. Was weiß ich.

Ich stand also da und glotzte, versuchte, doch noch sowas wie versteckten Widerstand zu entdecken in dem einen oder anderem Gesicht. Aber da war nichts. Nur Hingabe, Demut und Angst, das war alles, was ich sah.

So wuselten sie also eilig an mir vorüber, nicht mehr ganz die Schar grauer Mäuse, die wir anfangs gewesen waren, denn inzwischen standen natürlich auch Schminken und Sich- Sexy- Zurechtmachen auf dem Programm in einigen Gruppen. Deswegen, Ihr erinnert Euch, hatten wir auch Sachen mitbringen müssen hierher, Sachen, die auf einer Liste standen. Sonst hätte man sich das ja sparen können. Und schließlich sollten wir nicht als Aschenputtel zurückkehren zu unseren Herren, sie wahrscheinlich jetzt schon mit prallgefüllten Eiern auf uns warteten. Oder in der Zwischenzeit halt die Töchter derjenigen mißbrauchten, die Mütter waren von kleinen Sklavenkinderchen.

Plötzlich ertönte ein Pfiff und ein Ruf: „Anna, sofort herkommen, kleine Hurenfotz.“

Mein Herz setzte einen Schlag lang aus. Diese Stimme kannte ich nur allzugut. Es war die des Zuchtmeisters. Instinktiv schaute ich mich um, ob ich nicht den Richie irgendwo erblickte, obwohl er mir gegen seinen Vorgesetzten auch nicht hätte helfen können höchstwahrscheinlich. Ich sah ihn aber nirgends.

Mit wackligen Knien strebte ich in Richtung auf diese Stimme, quer zum Strom der aus dem Schlafsaal strömenden Menge. Ich kam nur langsam voran. Da ertönte ein zweiter Pfiff, schärfer als der erste, wie mir schien.

Mir wurde übel vor Angst und unter dem rücksichtslosen Einsatz meines Schlagstockes kam ich jetzt besser voran, so dass ich bald vor ihm stand, ihm, den ich so sehr fürchtete und der mir schon so viele Schmerzen zugefügt hatte.

Hätte er sich nicht gerade einen abkauen lassen von einem blutjungen Ding, wie alt wird sie gewesen sein, dreizehn vielleicht oder vierzehn, ihr keck geschwungenes Mündchen faßte kaum den knorrigen, stinkenden Ast mit den violetten Adern, der momentan das einzige war, was sie auf der Welt zu interessieren hatte, ich glaube, ich wäre vor ihm auf die Knie gesunken und hätte selber versucht, ihm an die Hose zu gehen, obwohl ich es ja haßte, im einen zu blasen, aber ich spürte, dass ich ihn irgendwie besänftigen sollte, weil er hatte warten müssen auf mich. Nur ging das jetzt nicht.

Zum Glück gab er der Kleinen, die offenbar mehr damit beschäftigt war, ihren Würgereiz unter Kontrolle zu behalten als mit der Kunst des Fellatio, einen solchen Tritt vor die Brust, dass sie auf den Rücken fiel.

„Anna, mach du weiter. Diese versiffte Jungfotze blickt das nicht. Aber schreib vorher ihre Nummer auf. Ich werde ihr das schon noch einbleuen.“

Ich zog mein Strafbuch raus und tat, wie mir geheißen.

Danach widmete ich mich nach allen Regeln der Kunst diesem widerlichen Schwanz, bis mir sein Saft stoßweise in den Mund pulsierte, verzweifelt schluckte ich und schluckte und kämpfte nun meinerseits mit einem Würgereiz. Ich weiß nicht, aber andere Männer haben nicht so viel Sperma, wenn sie sich ständig junger Mädchen bedienen, aber auf ihn wirkten wir möglicherweise wie ein Aphrodisiaikum, so dass er schon wieder nachproduzierte, während er noch reinspritzte in die eine oder andere Körperöffnung.

Dann wartete eine böse Überraschung auf mich.

Ich zog ihm gerade den Reißverschluß hoch, nach gründlichem zärtlichen Sauberlecken, versteht sich, sehr darauf bedacht, nur ja nichts einzuklemmen, als es kam: „Zeit für deine nächste Strafsitzung, Anna. Ich hab gerade eine dreiviertel Stunde. Nur für dich“, grinste er.

Oh nein. Warum nur? Ich meine, warum nur jetzt? Am Vormittag. Normalerweise haute er mich nachmittags durch oder am Abend.

Ich spürte, wie mir die Tränen hochquollen, so unvorbereitet war ich, es kam wie ein Schlag in den Magen. Trotzdem wußte ich, dass Bitten und Betteln, und einen Moment verspürte ich den fast übermächtigen Impuls, es damit zu versuchen, nichts bringen würden, im Gegenteil, damit verschlimmerte ich die Sache nur noch.

„Ja, Sir“, wisperte ich und merkte, wie es mir trotz aller Anstrengung nicht gelang, die Tränen zurückzuhalten. Sie kullerten über meine Wangen, tropften zu Boden, bevor ich mich nach ein paar Sekunden wieder unter Kontrolle hatte.

Wer jetzt denkt, was der Zuchtmeister wohl dachte, nämlich „was für´ne Heulsuse“, der vergegenwärtige sich bitte, unter was für einer Anspannung ich im Hause des „SIR“ stand, eines Mörders und Sadisten, wie ich wußte. Welchem Wechselbad der Gefühle, welchen Ängsten ich ständig ausgesetzt war, all das noch verschlimmert durch die Zufügung regelmäßiger starker körperlicher Schmerzen, die alleine schon genügen, einen vollständig zu zermürben. Vielleicht habt Ihr ja mal über einen gewissen Zeitraum Zahnschmerzen gehabt, die mal kamen und mal gingen. Versucht Euch zurückzuerinnern. Dann habt Ihr so ´ne schwache Ahnung, wie es mir damals zumute war.

„Komm, komm, du Heulsuse, wart´s erst mal ab, wie du dich in einer dreiviertel Stunde fühlst. Heute mache ich aus deinem kleinen Hintern Hackfleisch, das kannst du gerne glauben.“

Ich folgte ihm wie ein braves kleines Lämmchen auf dem Weg zur Schlachtbank, keinen Deut anders als meine Leidensgenossinnen, ich heulte wieder, natürlich lautlos und mehr in mich hinein, während wir zum Dachboden emporstiegen, zur Folterkammer. Und ich sollte noch nicht mal gefoltert, sondern „nur“ abgestraft werden. Unterwegs tröstete ich mich ein wenig mit dem Gedanken, dass ich ihm ganz hervorragend und zu seiner offenkundigen Zufriedenheit einen geblasen hatte. So schlimm würde es schon nicht werden. Bestimmt wollte er mich nur erschrecken, bestimmt fand er es komisch, so Sachen zu sagen wie mit dem „Hackfleisch“, auch wenn er es unmöglich so meinen konnte. So betrat ich diese verhaßte und gefürchtete Dachkammer mit einem Hoffnungsschimmer im Herzen und konnte ihn sogar etwas anlächeln, als er befahl: „Nackt ausziehen und über den Prügelbock.“

Erst als begann, mich mit Stricken regelrecht daran festzuzurren an allen vier Gliedmaßen, geriet ich geradezu in Panik.

Ich wollte es nicht, aber ich hörte mich schreien und flehen: „Bitte Herr, ich meine Sir, lieber Sir, bitte, bitte....“

„Schnauze Anna“

„Ja, Sir, Verzeihung bitte!“ Jetzt weinte ich wieder hemmungslos.

Aus den Augenwinkeln sah ich noch, wie er nach der dünnen Stahlrute griff, die war wie ein Totschläger, nur etwas dünner, wie gesagt, und auch länger. Auch wenn ich ihre Wirkung nicht schon auf dem Hintern eines anderen Mädchens gesehen hätte, deren Folterung ich bewohnen mußte, hätte ich gewußt, dass mir Entsetzliches bevorstand. Ich hatte keine Kraft mehr zu flehen, ich begann zu würgen vor lauter Angst und spürte, wie mir unwillkürlich und unkontrollierbar der Urin abging. Gottseidank war meine Blase nicht sonderlich gefüllt. Das erfüllte mich seltsamerweise mit einem Gefühl großer Erleichterung, obwohl das ja nun eigentlich vollständig egal war und nichts zum Schlimmeren wendete und nichts zum Besseren.

Dann kam auch schon der erste Hieb. Ein bösartiges Zischen durch die Luft und dann ein Schmerz, den ich nicht beschreiben kann. Es war wie bei der „Willkommens“- Prügelorgie. Lieber wäre ich auf der Stelle gestorben, als ihn noch ein zweites Mal zu erleiden. Und doch wußte ich, dies war erst der Anfang.

Und so war es auch. Hieb um Hieb um Hieb und mit jedem starb ein Stück von der Welt, in der ich bisher gelebt hatte und wurde ausgefüllt durch Schmerz, unerträglichen und die Seele zum Verlöschen bringenden Schmerz, unterbrochen nur durch kurze Momente gnädiger Schwärze, aus der ich aber gleich wieder auftauchte oder vielmehr abtauchte in die Hölle.

Das Schwarze- das war der Himmel.

Der Schmerz-  das war die Hölle.

Mehr gab es nicht, hatte es nie gegeben und würde es auch nie mehr geben.

Ich wünschte mir zu sterben, aber ich starb nicht.

Eingehüllt in die Glocke meines eigenen Gebrülls, das mir nur gelegentlich noch zu Bewußtsein kam, erlitt ich alle Qualen, die das Jenseits für die größten Sünder bereithält, für Leute vom Schlage Hitlers oder Stalins oder Pol Pots. Aber glaubt´s oder nicht, Leute, seitdem wünsche ich mir, dass Gott auch ihnen verzeiht.

Weil, ich bin nämlich nicht gestorben sondern habe es überlebt.

Aber seitdem ist eine Glaswand zwischen mir und der Welt, mal dicker, mal dünner, manchmal ganz kurz auch ganz weg, aber dann wieder da und nichts mehr kann mich wirklich berühren.

Ich meine, ich fühle schon noch, aber nicht mehr so unmittelbar wie früher, als die Welt und die Gefühlsreaktion eins waren. Es ist mehr so, als würde ich meinen eigenen Gefühlen zuschauen, wie sie entstehen und auch wieder vergehen um wiederum durch neue ersetzt zu werden. Wie Seifenblasen.







Kapitel 76


Nach ungefähr zwei Wochen war ich so leidlich wiederhergestellt, diesmal nicht auf der Krankenstation, sondern gleich in einem richtigen Krankenhaus. Wie ich dort hingekommen bin, weiß ich nicht, da ich erst dort wieder erwachte. Offenbar erlöste mich zum Schluß doch eine tiefe Ohnmacht.

Bis heute künden tiefe Narben in meinem Gesäß von meinem Martyrium, es waren Fleischwunden zurückgeblieben durch die Schlage mit der Stahlrute, die während dieser zwei Wochen durch einen unpersönlichen Arzt professionell versorgt wurden.

Ich lag auf dem Bauch und mein gesamter Unterkörper von der Hüfte abwärts fühlte sich taub und wie gelähmt an. In meinem Rücken spürte ich etwas, das war die Kanüle für ein örtliches Betäubungsmittel. In meiner Verwirrung faßte ich nach hinten, was nur mühsam ging, und versuchte, sie rauszuziehen. Gottseidank kam genau in dem Moment eine junge Schwester dazu und hinderte mich daran.

Sie erklärte mir auch, wozu das gut sei.

„Laß gut sein, Mädchen. Ohne das Lokalanaesthetikum hättest du so schlimme Schmerzen, wie du dir nicht vorstellen kannst. Sagt der Doktor.“

Da mußte ich lachen, was wußte sie schon? Sie schaute mich an, als sei ich nicht recht bei Trost.

„Du bist...Sie sind...“, verbesserte ich mich rasch, obwohl sie kaum älter als ich gewesen sein kann, ein Schild an ihrer Kleidung wies sie als Lernschwester aus, „...wahrscheinlich keine Sklavin, nehme ich mal an.“

Darüber erschrak ich selber so sehr, dass ich ins Stottern kam.

Hatte ich völlig den Verstand verloren? Wollte ich gleich wieder über den Prügelbock? Oder mit auf den Rücken gefesselten Armen aufgehängt werden? Oder gleich ins Sklavengefängnis? Als Unbelehrbare.

„Ver...Verzeihung. Ich...ich bin krank. Ich...ich wo..wollte nicht respektlos sein und...und...ich wo..wollte sagen, es tut...tut mir leid und....“

Sie strich mir mit kühler Hand übers Haar. Gott, tat das wohl.

Sie beugte sich zu meinem Ohr und flüsterte verschwörerisch: „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen und kannst auch ruhig DU zu mir sagen. Ich bin nämlich gegen die Sklaverei, weißt du.“

Ach du meine Güte! Eine Idealistin wie Giselle. Starben denn die nie aus? Wenn es einen Menschenschlag gibt neben, selbstredend, den Bösen und Verworfenen, der ein gerüttelt Maß Mitschuld trägt am Elend der Welt, dann sind es die Idealisten, die einfach die Wirklichkeit nicht sehen können und zumeist Andere (na ja, manchmal auch sich selbst) dadurch ins Unglück stürzen.

Hätte ich zum Beispiel nicht auf die Einflüsterungen Giselles gehört und mich dadurch zur offenen Rebellion gegen meinen rechtmäßigen Besitzer und Herrn verleiten lassen, wer weiß, vielleicht hätte er mich dann gar nicht in diese schreckliche Sklavenschule schicken müssen oder wenn doch, dann hätten die mich dort nicht gar so hart angefaßt.

Ich sah jetzt, dass ich an meinem Unglück in erster Linie selber Schuld war durch meinen lebenslangen Ungehorsam, das hatte ja schon bei meinem ersten Herrn begonnen und sich fortgesetzt bei meinem zweiten und  mich geradewegs in die Sklavenschule gebracht und dieser Weg würde mich noch schnurstracks in Sklavengefängnis führen, mit der selben Folgerichtigkeit, mit der das kleine Sklavenmädchen aus der Geschichte meiner Mutter büßen mußte für ihre Aufsässigkeit und wenn ich das JETZT immer noch nicht wahrhaben wollte, nachdem man mich schon so hart strafen mußte, dann hatte ich tatsächlich nichts anderes verdient. Und dann kamen diese Idealisten, die es natürlich gut meinten, aber die in einer total anderen Welt lebten, der Welt der Freien, und versuchten, mich aus lauter Wohlmeinen und Mitgefühl noch weiter hinabzutreiben auf der abschüssigen Bahn. Und wer mußte es ausbaden? Wer bekam Schläge mit der Stahlrute und wurde krankenhausreif geprügelt und wer bekam lediglich einen leichten Schlag aufs Handgelenk, und auch das nur im übertragenem Sinne.

Ich sah nun jedenfalls klarer und hatte endgültig genug von diesen überspannten Dämchen. Im kindgerechtesten und simpelsten Kapitel der Erzählung meiner Mutter lag mehr Weisheit als in allen abgedrehten Menschheitsbeglückungs- Phantasien von Sklavenbefreiung und Trallala,  soviel stand mal fest.

Nur- wie es ihr sagen? Einer Mitsklavin hätte ich jetzt an dieser Stelle einfach: „Fick dich!“ erwidert, wenn sie mir mit solchen Flausen gekommen wäre. Der Giselle, wenn sie jetzt hier wäre (aber die dachte bestimmt schon längst nicht mehr an mich), unter Umständen auch, da sie Mitschuld trug an meinem Unglück.

Aber es ging nicht an, meine neugewonnenen; oder vielmehr: nunmehr verfestigten Einsichten einer Freien gegenüber solchermaßen in die Tat umzusetzen. Sie war eine Freie und mithin Herrin, Lernschwester hin oder her, und ich die Sklavin. Punkt.

„Hören Sie...“ „Du, du sollst doch DU sagen“, unterbrach sie mich lächelnd.

„Bitte...“, ich versuchte abwehrend die Hand zu heben, was aber schlecht ging in Bauchlage, „bitte, wenn ich ausreden dürfte....ich meine, darf, bitte....“ Ein aufmunterndes Nicken.

„...das ist doch respektlos, wenn ich nicht SIE sage“, behutsam umschiffte ich dieses Wörtchen „DU“, das mir auf einmal das gefährlichste Ding der Welt erschien, und schon verlor ich den Faden und wußte nicht recht weiter. Verdammt, weiterreden, ich muß weiterreden, bevor sie wieder kommt mit irgendwelchen Einwänden. Sie aber nickte nur erneut freundlich mit dem Kopf und schien abzuwarten, was ich sonst noch zu sagen hätte. Das brachte mich noch mehr aus dem Konzept und mir fiel gar nichts mehr ein.

„Ich... ich meine, also das ist jetzt vielleicht etwas schwierig zu erklären...“, begann  ich aufs Geratewohl.....

„Kleine Sklavennutten haben hier gar nichts zu meinen und auch rein gar nichts zu sagen, ich erwarte von dir, dass du ab jetzt vierundzwanzig Stunden am Tag die Schnauze hältst, außer, man fragt dich was, kapiert, sonst melde ich es dem Doktor“, meldete sich da die Dame aus dem Nebenbett zu Wort, die, durch einen Vorhang abgetrennt, offenbar unser Gespräch mitgehört hatte. Wir waren in einem Mehrbettzimmer, aber weder ich noch die jugendliche Vorkämpferin für die Menschenrechte hatten einen Gedanken daran verschwendet, dass unser Gespräch unfreiwillig mitgehört werden könnte. Ich aufgrund meines mitgenommenen Zustandes und sie, weil sie wohl noch etwas arg kindlich war, wie ich langsam den Eindruck gewann.  Sie war schließlich die Krankenschwester und MUßTE wissen, dass nebenan jemand lag, was natürlich nicht meine Fahrlässigkeit entschuldigt, diese Möglichkeit außer Betracht zu lassen, bloß weil ich nicht durch den Vorhang sehen konnte.

Das war eine ziemlich brenzlige Situation, dennoch war ich wohlgemut, weil ich instinktiv spürte, dass meine Bettnachbarin mich mit einem Schlag vor weiteren und eben ungleich gefährlicheren Zudringlichkeiten meiner kleinen Sklavenbefreierin schützen würde.

Und richtig, sie wurde ganz blaß, die Ärmste, dachte wohl mit einem Mal an ihren Ausbildungsvertrag, an die laufende Probezeit, an was weiß ich nicht alles, das noch vor wenigen Minuten in ihrem Überschwang nur eine untergeordnete Rolle gespielt hatte, wenn überhaupt.

Hektisch zog sie den Vorhang zurück, nun war sie an der Reihe mit Stottern.

„Ent...Entschuldigen Sie bitte, ich habe das doch...doch... nicht so wörtlich gemeint, es ist....es ist nur, schauen Sie, die Kleine wurde ganz schlimm zugerichtet, in einer Sklavenschule, sagt der Doktor, und ich finde das zu grausam, der Doktor auch, sagt er,  und da...da wollte ich sie halt trösten, weil...weil Sklaven sind doch auch Menschen, denken Sie nicht?“, meinte sie, mit einem Male wieder trotziger, nur um sofort ein klägliches: „Aber bitte verraten Sie es niemand“ hinterherzuschieben.

„Kind, Kind“, unterbrach die Dame sie mit gütigem Lächeln und winkte sie an ihr Bett heran, goldene Armreifen klirrten leise.

„Komm her, Kind, setz dich, setz dich zu mir, ja?“

Gehorsam setzte sich die eben noch so heroisch gestimmte Menschheitsbeglückerin.

„Natürlich verrate ich dich nicht, Kind, und wie alt bist du denn?“

„Siebzehn. Nächsten Monat werde ich siebzehn. Und wenn Sie mich verraten, dann fliege ich aus der Lehrstelle. Bitte tun Sie´s nicht!“

Die Dame lachte glucksend.

„So, dann verrate ich dir ein Geheimnis und dann hast du mich auch in der Hand und braucht dich nicht mehr zu fürchten. Also...“, begann sie, ebenso verschwörerisch wie eben noch die nun ergeben lauschende Lernschwester, „als ich in deinem Alter war, da hatte ich Kontakt zur Liga für Sklavenbefreiung!“

Sie machte eine effektvolle Kunstpause.

„Das hättest du nicht gedacht, stimmt´s? Aber es ist die reine Wahrheit. So, jetzt kannst du ganz beruhigt sein. Wenn ich dich beim Doktor verpfeife, dann gehst du zur Polizei und zeigst mich an“, lachte sie. „Ach Kindchen, das ist doch völlig normal in deinem Alter, dass man gegen Atomkraft ist und die Sklaverei und was weiß ich nicht alles. Dafür seid ihr doch jung und wir Alterchen“, sprach sie nicht ohne Koketterie, „sollten verdammt noch mal nicht so tun, als hätten wir nie die Welt aus den Angeln heben wollen. Nur weißt du, man bleibt nicht ewig jung und wenn man älter wird, dann merkt man, dass man sich auch leicht verheben kann dabei und das nicht alles so eindeutig ist, wie man in der Jugend dachte.“

Sie schwieg und lehnte sich im Bett zurück, wirkte etwas ermattet von der langen Rede.


„Nun, Yvonne“, fuhr sie nach geraumer Zeit fort (Yvonne, so hieß die Lernschwester mit Vornamen, auch das verriet das Namensschildchen), „ich darf dich doch Yvonne nennen, oder?“

„Aber selbstverständlich“, beeilte sich diese zu versichern, „ganz wie Sie meinen, Frau Wolf...“

„O.k., o.k.“, winkte die Frau Wolf lachend ab, „SCHWESTER Yvonne, das klingt doch besser, meinst du nicht?“

„Wie Sie meinen, obwohl ich ja noch gar keine Schwester bin, also eigentlich...“

„Ach was, aber schon auf dem besten Weg dahin, also, Schwester Yvonne“, ließ sich Frau Wolf nicht beirren, „war sagt ein junger Mensch wie du zu dem Gerede einer alten Frau?“

Yvonne, Yvonne, auch ich hatte mal eine Yvonne gekannt, aber das war lange her, in einem anderen Leben und mir fiel nicht mehr ein, wer und wann das war und vielleicht brachte ich ja auch alles durcheinander und ich hatte gar keine Yvonne gekannt, in meinem früheren Leben.... Ich merkte, wie ich begann, wegzudriften, das wollte ich aber nicht, dafür interessierte mich das Gespräch im Nebenbett doch zu sehr.

War es tatsächlich möglich, dass diese Frau dort wirklich in Kontakt  gestanden war mit der Anti- Sklaverei- Liga?  Das hieße, dass es die Anti- Sklaverei- Liga tatsächlich gab, das sie nicht nur ein Hirngespinst war...

„Anna, Anna, Anna“, so schimpfte ich mich selber in Gedanken aus, „wer setzt dir nun die größeren Flausen in den Kopf? Die idealistisch- überspannte Lernschwester oder die lebenskluge und erfahrene Frau Wolf?“

Ich begann zu verstehen, dass meine EIGENEN Gedanken mein größter Feind waren, weil ich von bestimmten Vorstellungen und Sehnsüchten nicht lassen konnte oder wollte (was letztlich das Gleiche ist) sog ich mir aus der umgebenden Wirklichkeit stets das raus, was sie stützte, entgegen besserer Einsicht, egal, wie leidvoll diese auch gewonnen worden war. SO würde ich den Weg nach unten hinein ins Sklavengefängnis weiter beschreiten.

Dennoch zwang ich mich mit Gewalt, wachzubleiben, obwohl ich im Grunde beides nicht glaubte. Weder dass die Frau Wolf jemals eine Gegnerin der Sklaverei gewesen war noch dass es die Anti- Sklaverei- Liga gab oder jemals gegeben hatte.

Sicher, damals im alten Rom, da gab es den Spartakus- Aufstand. Aber das war schon sooo lange her, geadelt durch den Nimbus „antiker Heroismus“, dass sogar unser Geschichtslehrer, der getrost in jeder Beziehung als konservativ gelten konnte und jedes auch nur sklaverei- reformerischen Gedankenguts völlig unverdächtig war, lobende Worte über die Persönlichkeit des Spartakus gefunden hatte und auch der Organisation und der Durchführung dieses Aufstandes gewisse „genialische Züge“ bescheinigte, „würdig eines Cäsar, eines Marc Anton“ (wie er sich ausdrückte).

Natürlich hieß er am Ende dieser Unterrichtseinheit den bekannten Ausgang der Geschichte ausdrücklich gut (meilenlange Kreuzesalleen an der Via Appia, bestückt mit gefangenen Aufständischen, Blutrausch der Löwen und Tiger im Circus Maximus, denen ein Steak aus Sklavenfleisch genauso recht war wie jedes andere), dabei blickte er mich, wie er es auch bei sonstigen ähnlichen Anlässen zu tun pflegte, scharf an. Ich glaube aber nicht, dass er mich eigenhändig ans Kreuz geschlagen oder auch nur seinen  Dackeln zum Fraß vorgeworfen hätte. (Er hatte zwei davon und liebte es, von ihnen zu erzählen. Männe und Karle, seine beiden Dackel....)

Ich schreckte hoch. Jetzt war ich doch tatsächlich wieder dabei, einzuschlafen, obwohl ich doch hatte zuhören wollen, auch wenn ich der Frau Wolf kein Wort glaubte bzw. die ganze Geschichte zumindest für äußerst unglaubwürdig hielt. Die wollte sich doch nur einschmeicheln bei der „Jugend“, hier vertreten durch die Lernschwester Yvonne, und am Ende irgendwelche lobenden Worte hören, wie sehr „jugendlich“ sie selber im Kopf doch geblieben wäre. Das war mir klar und in dieser Hinsicht war es auch unerheblich, ob ihre Geschichte nun stimmte oder nicht, aber wenn ich nun mal nebenan lag und den Anfang des Gesprächs mitbekommen hatte, konnte ich doch genauso gut den Rest mitanhören, oder? 

„Warum sagst du nichts, Schwester Yvonne?“

„Tja, darf ich ehrlich reden, Frau Wolf?“

„Ich bitte darum.“

„Ich weiß nicht, ob ich Ihnen hundertprozentig glauben soll, also diese Anti- Sklaverei- Liga, wer soll denn der angehören? Die gibt´s doch gar nicht, das nehme ich Ihnen nicht ab. Also dass sie auch gegen die Sklaverei waren, von mir aus, und dass sie gerne mit denen in Kontakt getreten wäre, auch das, aber die gibt´s halt nicht. Stimmt´s, das waren so jugendliche Überspanntheiten von Ihnen, die Sie jetzt mir gegenüber ein wenig aufbauschen.“ Sie imitierte Frau Wolfs Diktion ziemlich gut, ohne dabei respektlos zu wirken.

„Du hast es erkannt, Kindchen.  So wie du diese arme Sklavin im Nebenbett trösten wolltest, und selbstverständlich gar nicht alles so gemeint hast, wie du sagtest, so wollte halt auch ich dich ein bißchen aufmuntern.“ Der Sarkasmus troff nur so aus ihren Worten.

„Aber du wirst doch zugeben, dass ein nettes anständiges Mädchen wie du ein besseres Objekt für Tröstungen ist als so ein mit allen Wassern gewaschenes  und allen Geschlechtskrankheiten der Welt infiziertes Sklaven- Hürchen“, fuhr sie versöhnlich fort.

„Glaube mir, wenn mich mein Leben eines gelehrt hat, dann das: traue keinem Sklaven und erst recht keiner Sklavin. Die ersteren sind die geborenen Diebe und die zweiteren die geborenen Huren. Besonders was das betrifft, da kenne ich mich aus, mein erster Mann, Gott habe ihn selig, na ja, ich will nicht schlecht über ihn reden, aber du kannst es dir denken. Die sind mit zwölf schon vollständige ausgebildete und kenntnisreiche Huren, ihre eigenen Mütter bringen ihnen das bei, das mußt du dir mal vorstellen, und meine idealistische und humanistische Einstellung ihnen gegenüber ist bitter enttäuscht und mißbraucht worden.“

In ihre Stimme war ein anklagender Tonfall getreten.

„Na ja, wenn man gerecht sein will“, führte sie ihren Gedankengang zuende, nun wieder ruhiger, „die Männer tragen auch ihre Schuld daran, zum Verführtwerden  gehören bekanntlich immer zwei.“

Yvonne saß eine Zeit lang in Gedanken versunken da.

Ich auch, das heißt ich lag natürlich auf dem Bauch.

Das kam mir ein bißchen ZU schnell vor, wie Frau Wolf zugegeben hatte, das mit der Anti- Sklaverei- Liga wäre nur ein Hirngespinst von ihr gewesen. So, als hätte sie gemerkt, dass sie sich zu weit vorgewagt hatte und nun die erste Gelegenheit für einen Rückzieher nutzte. Verdammt, wenn an der Sache DOCH was dran wäre. Mein Herz hämmerte mit einem Mal, als wollte es raus aus der Enge des Brustkorbes.

„Anna, Anna, Anna“, schrie ich mich gedanklich selbst an (es war mir gar nicht bewußt gewesen, dass man gedanklich schreien kann, noch dazu sich selber anschreien!), „die Anti- Sklaverei- Liga IST eine Utopie und sie wird dich noch ins Sklavengefängnis bringen, wenn du weiter an sie glaubst. Und das ist so real wie alle deine furchtbaren Erfahrungen in der Sklavenschule. Nur noch viel furchtbarer. Anna, glaube deinen Erfahrungen und nicht deinen Träumen. Deinen gefährlichen Träumen, vor denen Mama immer versucht hat, dich zu warnen. Leider vergeblich. LERNE aus deinen Erfahrungen, bevor es zu spät ist.“


Mit diesen Gedanken war ich wieder nahe an der Schwelle des Schlafes.

Ich bekam aber noch mit, wie Yvonne sich bei Frau Wolf bedankte: „Danke, dass Sie so offen mit mir geredet haben über Ihre Lebenserfahrungen. Ich will ernsthaft darüber nachdenken weil ich spüre, dass Sie mir damit etwas vermitteln wollten, was einen vielleicht wirklich nur das Leben lehren kann. Danke jedenfalls.“ Zweifelsohne ein nettes und anständiges Mädchen!

„Ist schon gut, und jetzt muß ich schlafen. Das Gespräch hat mich sehr angestrengt. Ich bin nicht gesund, weißt du. Das Herz.“ Sie seufzte. „Bitte schließ den Vorhang, damit ich die Hure im Nebenbett nicht sehen muß.“

„Selbstverständlich, Frau Wolf.“

Yvonne erhob sich geräuschlos und glitt an die Seite meines Bettes, zog den Vorhang von dort zu.

Sie griff nach meinen Haaren. Erst dachte ich, sie wollte mich daran ziehen, aber dann schien sie es sich anders zu überlegen und ihre Hand glitt weiter nach unten und sie rüttelte nur sacht an meiner Schulter.

„He, du, kleine Sklavin, schläfst du?“

„Nein, Herrin.“ Ich entschloß mich zu dieser Anrede, obwohl hier im Krankenhaus noch nicht einmal die formelle Anrede „Ma´m“ nötig gewesen wäre.(Auch aus dem angelsächsischem Kulturraum, wie unschwer zu erkennen, genauer gesagt aus den amerikanischen Südstaaten, dort bezeichnen die Negersklaven ihre weibliche Herrschaft so, „Ma´m“ oder „Missis“, hier in Europa ist zweiteres ja vollständig ungebräuchlich, außer in GB, und das erstere hat sich bekanntlich eingebürgert als Bezeichnung für eine weibliche Herrschaft, der man als Sklave nicht gehört. Genauso wie „Sir“ für eine entsprechende männliche Herrschaft. Gehört man jemandem, ist das ja dann die „Herrin“ oder der „Herr“; bzw. die entsprechenden nationalen Pendants, das wißt Ihr natürlich alles, aber ich hab´s nun mal gerne vollständig, wenn ich was erkläre. Vielleicht lesen das spätere Generationen mal, nach dem Sieg der Anti- Sklaverei- Liga- das ist jetzt ein Scherz, nur ein Scherz, o.k.? - und die brauchen solche Erläuterungen unter Umständen.)

Aber es ist ja bekanntlich immer noch ein Zeichen besonderen Respekts und besonderer Unterwürfigkeit, auch Herrschaften, denen man nicht gehört, mit „Herrin“ zu titulieren bzw. „Herr“.

Also sagte ich: „Nein, Herrin“ auf ihre Frage, ob ich schlafe, obwohl ich mich leicht hätte schlafend stellen können, warum soll eine unter starken Schmerz- und Beruhigungsmitteln stehende Kranke nicht einschlafen. Auch das ein Zeichen besonderen Respekts, ihr in jedem Fall zu antworten, ohne ihr irgendeinen versteckten Vorwurf zu machen, selbst wenn sie vermuten mußte, mich eben geweckt zu haben.

Ach ja, noch ein paar Worte zu den besonderen Gebräuchen im Krankenhaus: seit den Tagen der Mönche, (und die katholische Kirche ist ja bis zum heutigen Tage gegen die Sklaverei, bzw. eben überhaupt nicht dafür, allerdings rein formal und ohne irgendwelche Konsequenzen, ich habe das schon mal erwähnt im Rahmen dieser Lebensbeichte,) die ja bekanntlich im Mittelalter die institutionalisierte Krankenfürsorge begründeten, war es nicht üblich und ist es bis heute nicht, im Krankenhaus zwischen Freien und Unfreien zu unterscheiden, solange sie behandlungsbedürftig erkrankt sind. Kranke Sklaven werden nicht geschlagen, höchstens mal angekettet bei Weglaufgefahr. (Noch nicht mal das soll es gegeben haben unter den Mönchen, Ihr seht, unser Geschichtslehrer, mag er auch ein Kauz gewesen sein, hielt schon was von objektiver Wissensvermittlung, und ich habe auch meist gut aufgepaßt, wie sich MEINE „Spartakus- Aufstände“ überhaupt grundsätzlich im außerschulischen und außerhäuslichen Bereich abspielten, in meiner Mädchenclique und mit mir als Spartakina. Nur eben, dass ich nicht nur die Anführerin des „Sklavenaufstandes“ war, sondern gleichzeitig auch noch die einzige Sklavin in ihr, wie manche meiner Untertaninnen nach der UE „Spartakusaufstand“ scharfzüngig bemerkten. „Spartakina“ durften sie mich aber nur hinter meinem Rücken nennen, sonst gab´s Kopfnüsse, ich habe aber oft genug darüber hinweggehört oder es bei einer Verwarnung bewenden lassen. „Das nächste Mal setzt es was.“ Die Kopfnüsse, WENN sie denn mal fällig waren, habe ich in der Regel natürlich nicht selbst ausgeteilt, schließlich war ich ja rechtlich eine Sklavin, aber ich hatte da zwei oder drei rauflustige Mädchen, meine sogenannte Leibgarde, die machten das auf Fingerschnippen, besser als ich das gekonnt hätte. So habe ich mit viel Nachsicht und gelegentlichen gerechten Strafen immer für „Ordnung in meiner Truppe“ gesorgt, was nicht unwesentlich zu meiner Popularität und zur Behauptung meiner Position beitrug.)


Also- im Krankenhaus herrschte formell und bis zu einem gewissen Grad auch tatsächlich Gleichberechtigung zwischen Freien und Unfreien, was das Verhältnis zur Ärzteschaft und zum Pflegepersonal betraf: die Ärzte und Ärztinnen waren der Herr bzw. die Frau Doktor, die Pflegekräfte der Pfleger oder die Schwester. (Obwohl es insbesondere manche Pfleger deutlich machten, dass sie von Sklaven mit „Herr Pfleger“ angesprochen zu werden wünschten. „Frau Pflegerinnen“ gab es hingegen nur sehr selten.)

Diese Gleichberechtigung erstreckte sich selbstredend nicht auf das Verhältnis der Patienten untereinander.

Also war es schon sehr ungewöhnlich, dass ich Yvonne im Rahmen ihrer Berufsausübung mit „Herrin“ titulierte, und es gab mir einen Stich, dass sie es sich nicht ebenso freundlich verbat wie vorher noch das „Sie“. Das Gift der Frau Wolf hatte offenbar sehr schnell gewirkt, aber gerade weil ich damit gerechnet hatte, mußte ich nun doppelt auf der Hut sein, obwohl es ja eigentlich genau das war, was ich mir erhofft hatte: mittelgradig böse, vom Leben enttäuschte Frau träufelt Gift in unschuldige Mädchenseele, die daraufhin von Sklavenbefreierin zu (mentaler) Sklavenhalterin mutiert, was für mich als potentiell zu befreiende Sklavin natürlich wesentlich risikoärmer war.

Nur war zu befürchten, dass Yvonne, nachdem sie von Frau Wolfs Früchten genascht hatte, die sie irrtümlich für Weisheit hielt, ihr bisheriges Verhalten mir gegenüber wettmachen wollte durch besondere Forschheit, zumal ihr neues Vorbild sicherlich genau zuhörte hinter dem Vorhang. Der Schuß, so sehr er eigentlich ins Schwarze getroffen hatte, konnte also immer noch nach hinten losgehen für mich. Und ich war eine besonders renitente (erkennbar an der Schwere der über mich verhängten Strafmaßnahme) Insassin einer Sklavenschule, mit einem Bein schon beinahe im Sklavengefängnis. Ein Mißverständnis, ein durch mich ausgelöster Eklat hier im Krankenhaus konnte verheerende Folgen haben für mich. DAS habe ich vorher gemeint, als ich sagte, dass Freie und Unfreie nur bis zu einem gewissen Grad gleichberechtigt sind im Krankenhaus, denn es gibt immer noch die Institutionen außerhalb, und die haben andere Maßstäbe und warten in aller Ruhe ab, bis ein „frecher“ oder „aufsässiger“ Sklave rauskommt, was er ja zwangsläufig mal muß, wenn er nicht gerade chronisch krank ist oder dort verstirbt.

Also, jetzt nur nichts kaputtmachen. Äußerste Vorsicht.

Nein, HERRIN, ich habe noch nicht geschlafen.

„Ach, du, Sklavin, was ich dir noch sagen wollte..., äh, wie heißt du eigentlich?“

„Anna, ich heiße Anna, Herrin.“

Anna ohne eigenen Nachnamen, Anna die Sklavin, Anna die Hurensau.

„Also Anna, was ich dir noch sagen wollte: du hast ab jetzt Redeverbot, außer jemand fragt dich was. Ist das klar, Sklavin?“

„Ja, Herrin.“

„Gut. Ach so, Anna, noch was: du hast auch einen Blasenkatheder liegen und einen intravenösen Zugang im rechten Arm, falls dir die Ärzte schnell was spritzen müssen. Zieh bitte beides nicht raus, sonst ist der Onkel Doktor böse und die Schwester Yvonne auch, o.k.?"

„Ja, Herrin.“

„Ob du das verstanden hast, Sklavin!  Blasenkatheder und venöser Zugang bleiben drin, sonst melden wir das deiner Sklavenschule, wo du herkommst. Anna, das ist jetzt kein Scherz, kapier das bitte.“

„Ja, Herrin. Danke.“

„Wofür, Anna?“

„Für die Warnung, Herrin.“

















Kapitel 77



Der Heilungsprozeß war eine schmerzliche und scheußliche Angelegenheit, mit häufigen Verbandswechseln und mühseliger sog. Frühmobilisation gleich nach dem Ziehen des Blasenkatheders. Die bestand für mich als Sklavin hauptsächlich darin, dass man mir eine Gießkanne in die Hand drückte und ich in meinem Bademantel die Flure auf- und abhumpelte und die Blumen zu gießen hatte. Mein Arsch, dick verpflastert und nach Desinfektionsmittel stinkend wie eine ganze Apotheke, kam mir vor wie ein Fremdkörper. Er schmerzte auch ziemlich und es war immer so ein scheußliches Stechen in ihm, die Verbandswechsel hielt ich ohnehin nur unter örtlicher Betäubung durch.

Es gab aber auch Stunden, viele lange Stunden, in denen ich nichts anderes zu tun hatte, als auf dem Bett zu liegen und mich auszuruhen, während derer ich am Tropf hing und ein Antibiotikum über meinen venösen Zugang in mich hineinlief.

Das war immer eine angenehme Zeit, zumal ich jetzt auch schon auf der Seite liegen konnte. Die Sonne schien häufig und sie schien mir durch die Fensterscheibe aufs Gesicht und ich lag erschöpft aber irgendwie glücklich da und döste oder schlief, ganz nach Belieben, und hatte keinen anderen Wunsch als den, dass dieser paradiesische Zustand nie aufhören möge. Es war mir, als müßte ich all die Strapazen und Schrecknisse der letzten Zeit in einem langen langen Schlaf überwinden. Erschöpfung und Müdigkeit hüllten mich oft ein wie ein warmer Mantel und ich fühlte mich wohlig und geborgen.

Auch mit Frau Wolf kam ich jetzt besser aus oder genauer: sie mit mir.

Sobald sie nämlich mitbekommen hatte, dass ich wieder aufstehen konnte, schien ihr, der schwer Herzkranken, ein kleines Sklavenmädchen bei der Hand gar nicht so unpraktisch zu sein.

Zumal ich sie stets mit „Herrin“ ansprach und ihre anfänglich noch barsch geäußerten Wünsche nach tausend Kleinigkeiten immer so schnell als möglich  erfüllte, soweit  mein Zustand das gestatte. Apfelsinen schälen, Mineralwasser nachschenken. Illustrierte vom Kiosk holen, noch mal runterlaufen wegen Zigaretten. (Für eine Herzkranke rauchte sie ziemlich viel. Natürlich immer aus dem Fenster raus, obwohl das natürlich auch nicht erlaubt war.) Kopfkissen aufschütteln, nach der Schwester läuten, weil sie ein Mittel gegen Kopfschmerzen benötigte. Und und und. Bis ihr der Arzt dann erklärte, auch ich bräuchte meine Ruhestunden.

Danach ging es ihr rätselhafterweise etwas besser und sie war in der Lage, gewisse Dinge selbst zu tun, die ihr noch vor kurzem nachgerade ganz unmöglich waren.

Aber immer hieß es noch oft genug: „Anna! Anna, wo bleibst du nur?“ (Sie hat mich nie ins Gesicht hinein „Hürchen“ oder sowas genannt, und das rechnete ihr gewissermaßen hoch an.)

Einmal, ich war gerade dabei, nach einer längeren Such- Odysee über die Krankenhausflure zwecks Beschaffung einer Vase für einen durch ihren zweiten Mann mitgebrachten überdimensionierten Blumenstrauß diesen in einem förmlichen  Riesen- Vasen- Monstrum zu versenken, da sagte sie unvermittelt zu mir: „Anna, ich möchte dir danken, dass du das alles für mich tust und vielleicht ist es manchmal ungerecht, wie hart sie euch bestrafen.“


Ich sagte besser nichts darauf, waren mir doch die lüsternen Blicke ihres zweiten Ehemannes noch in deutlicher Erinnerung, die mich förmlich auszogen und ich war mir sicher, dass sie sie auch bemerkt hatte.

Wahrscheinlich war dies ein Versuch, mir zu sagen, dass ihr ihre harten Worte über die Natur von Sklavinnen leid taten und dass sie die Schuld jetzt doch mehr auf der Männerseite sah. 


Dann wurde sie nach einer Woche plötzlich entlassen, weg war sie auf einmal. Verabschiedet haben wir uns nicht.


Als nächstes kam ein dünnes blasses Mädchen zu mir ins Zimmer, so ungefähr in meinem Alter.

Sie war am ganzen Körper über und über mit Blutergüssen bedeckt, und auch die Hälfte ihres knochigen Gesichts war blau und lila und Yvonne, die ich nun, nach Frau Wolfs Weggang auch nicht mehr „Herrin“ nannte (das geschah ganz informell, ich hörte einfach auf damit und sie schien es nicht mal zu bemerken), flüsterte mir zu: „Das ist auch ´ne Sklavin. Ihr Herr hat sie so übel zugerichtet.“

Dass das ´ne Sklavin war, hatte ich sofort gewußt, als ich ihr in die Augen sah. Sklavenaugen; Augen voll lebenslanger Knechtschaft und stummen Leidens.

Sie pfefferte ihre Reisetasche mit den Krankenhaus- Utensilien achtlos auf den Boden, riß hastig eine Nachthemd heraus, entkleidete sich blitzartig und völlig schamlos (bei dieser Gelegenheit sah ich auch, in welch erbarmungswürdigem Zustand sich ihr magerer Körper befand- ich meine, ich bin auch mager, aber sie sah wahrhaftig wie ein KZ- Opfer aus, sowas kannte ich bisher nur aus Filmen über die Befreiung von Auschwitz oder Bergen- Belsen, ehrlich), beschied mich mit einem „Glotz nicht so blöd, du dumme Futt“, striff das Nachthemd rasch über und ließ sich aufs Bett fallen, ihren schmalen  Rücken mir zugewandt, schien sofort einzuschlafen.


Das verriet mir zumindest mal, dass sie auch mich auf den ersten Blick richtig als Mitsklavin eingestufte. (Meine Ohrmarke aus der Sklavenschule trug ich hier nicht mehr, die hatte man mir wohl schon während meiner Ohnmacht entfernt. Nur das Armband nicht, das hatten sie wohl vergessen abzumachen.)


Später kam dann Yvonne, weckte sie etwas unsanft und forderte sie ziemlich rüde auf, ihre Sachen in den Schrank zu räumen. Das tat sie denn auch sofort und mit einer Akkuratesse, wie ich sie noch nie gesehen habe.

Irgendwie war das unheimlich: sie sprach kein einziges Wort währenddessen, würdigte Yvonne weder einer Antwort noch eines Blickes, tat einfach, was ihr aufgetragen worden war, und das super- ordentlich und innerhalb kürzester Zeit. Ich meine, ich bin auch nicht gerade eine Chaotin, aber so hätte ich das nie hingekriegt und noch dazu so fix.


Sobald Yvonne draußen war, pfiff ich anerkennend durch die Zähne: „Sagenhaft. Wie schaffst du das nur?“

Sie kam rüber an mein Bett, wiegte sich in den Hüften, zeigte mir ein verächtliches Lächeln, wobei sie zwei Reihen schadhafter Zähne entblößte, einige davon ausgefallen oder ausgeschlagen: „Sag´mal, Sklavenhur´, hab ich dir schon gesagt, dass du dein dummes Maul halten sollst?“

Ich war so perplex, dass ich sie nur anstarrte. Wenn ich sie nur ansah, lief mir schon eine Gänsehaut über den Rücken. Sie war gruslig, wie ein Gespenst, nur eben kein freundliches „HU- das kleine Schloßgespenst“ wie aus den Gespenstergeschichten meiner Kindheit, sondern RICHTIG zum Fürchten.

„Na, scheißt du dir schon in die Hosen, Hosenscheißerin?“, höhnte sie.

Bevor ich noch was erwidern konnte, fuhr sie mir blitzartig mit ihren Raubvogelkrallen ins Gesicht. Wenn ich mich nicht instinktiv abgewendet hätte, ich glaube, sie hätte mir die Augen ausgekratzt.  

Dann ging sie ohne ein weiteres Wort wieder zurück zu ihrem Bett, ließ sich drauf fallen, wieder mit mir zugekehrtem Rücken, und lag still wie ein Stein, ohne sich zu rühren. 

Mir fröstelte und ich zog mir langsam die Bettdecke bis zum Kinn hoch, krümmte mich zusammen, bis ich ganz unter die Decke paßte, seitlich, wie ich lag. Ich fühlte mich auf einmal so einsam und verlassen wie als Kind gelegentlich, wenn Mama nachts zum Herrn mußte.

„Schlaf weiter, Kind“, flüsterte sie mir dann zu und strich mir  übers Haar oder die Stirn, „ich muß zum Herrn. Ficken gehen.“ Ließ sich seufzend aus dem Bett gleiten, während der Herr schon ungeduldig nach ihr rief.

Nur hier gab es keine Mutter, die mich tröstete oder übers Haar strich.

Ich glaubte, ich würde nicht schlafen können mit dieser Bettnachbarin, aber innerhalb weniger Minuten muß ich wohl weggedusselt sein, und als ich wieder aufwachte, da war es bereits finster.

Ich wurde wach, weil aus dem Nebenbett so seltsame und unheimliche Geräusche kamen.

Kein Schreien, keine Hilferufe, nur so ein ganz hohes Geräusch, das mir durch Mark und Bein ging und das sich anhörte wie ein Mensch, der mit zusammengebissenen Zähnen einen unmenschlichen Schmerz aushalten muß. Wie eine Schnellzug- Bremse klang das.

Ich drückte die Notrufglocke, drückte und drückte, aber es kam erst mal niemand. 

„Was ist, du, was ist? Kann ich dir irgendwie helfen?“, rief ich, es kam aber keine Antwort, nur dieses Geräusch ging weiter, gelegentlich unterbrochen durch lautes Stöhnen und keuchendes Atmen, und ich wollte schon selber loseilen, Hilfe suchen irgendwo, als endlich die Tür aufging und die unfreundliche alte Nachtschwester, die alle Sklavinnen grundsätzlich mal für Simulantinnen hielt, streckte ihren Kopf zur Tür herein: „Was zum Donnerwetter...“, wollte sie beginnen, aber als sie die Situation erfaßte, reagierte sie schnell. Zog ein Walkie- talkie heraus, sprach rasch hinein. Schaltete es wieder aus und steckte es wieder in ihre Kitteltasche.

„Du“, blaffte sie mich an, „raus mit dir aus dem Zimmer. Das mußt du nicht mit ansehen.“

Ich fuhr in meine Pantoffeln und den Morgenmantel und drückte mich an ihr vorbei durch die Tür auf den Flur.

Da kamen auch schon drei Ärzte angerannt mit Notfallkoffern in der Hand, ein Pfleger kam eben etwas weiter hinten durch die Tür des Ganges und schob eilig irgendeine High- Tech- Intensiv- Unit oder so was auf einem Rolltischchen in Richtung auf unser Zimmer.

„Aus dem Weg, Mädchen!“ Und vorbei waren sie, die Zimmertür schloß sich hinter ihnen.

Von drinnen kamen gedämpft unheilverkündende Geräusche, hektisch gebrüllte Anweisungen, einmal vernahm ich ganz deutlich: „Fällt. Fällt, der Blutdruck fällt ins Bodenlose!“

Die Nachtschwester kam raus und schaute mich gar nicht mehr so unfreundlich an, kramte eine Packung Zigaretten aus einer ihrer  Kitteltaschen: „Rauchst du, Kleine?“ und zündete sich seelenruhig eine an.

„Aber Schwester, ich meine Ma´m, wenn das die Ärzte mitkriegen, ich meine, das ist doch nur auf dem Hof...“

„Ach was, das ist mir ja ganz neu“, meinte sie nur trocken, „also, was ist, willst du auch eine?“ Hielt mir die Packung hin. Ich schüttelte nur den Kopf.

„Na, dann eben nicht!“ Schob die Zigarettenpackung wieder ein.

Im Licht der Nachtbeleuchtung konnte ich ihr Gesicht nur erkennen, wenn sie an der Zigarette zog und die Glut aufleuchtete. Es ist gar nicht arg unfreundlich, dachte ich mir. Nur total abgearbeitet und sehr müde.

„Weißt du, Kleine“, begann da die Nachtschwester wieder, machte eine kurze Pause, um erneut den Rauch zu inhalieren, tief runter in die Lunge. „Ich weiß, Ihr Sklaven habt ein beschissenes Leben und ich wollte nicht tauschen mit euch. Aber deine Kollegin da drin, die hat´s doch bald hinter sich und ich finde, du könntest ihr zu Ehren schon eine rauchen.“

Wieder schüttelte ich den Kopf. „Ich rauche nicht. Trotzdem danke, Ma´m.“

„Laß das Ma´m. Was glaubst du, wer ich bin? Die Königin von Saba?“ Sie lachte kurz auf.


Dann ging die Tür auf und der Kopf eines Arztes erschien im Türrahmen: „Schwester“, sagte er mit ganz normaler und ruhiger Stimme, „könnten Sie uns vielleicht helfen, bitte? Ach, und hätten Sie mir freundlicherweise auch eine? Meine liegen im Stationszimmer.“

„Aber sicher doch, Doktor“, erwiderte sie; und: „Hat sie´s geschafft?“

„Ja. Wir bringen sie dann gleich runter in den Kühlraum. Ihrem Herrn sagen wir dann erst in der Früh Bescheid.“

„Selber schuld, der Trottel. Er hätt´ sie halt nicht totschlagen sollen. Jetzt muß er ´ne Neue kaufen.“

„Ja.“


Das war die Grabrede auf meine zweite Zimmergefährtin. Sie ist an inneren Blutungen gestorben, wie mir Yvonne am nächsten Tag mitteilte. Sie wäre noch zu retten gewesen, wenn man es rechtzeitig erkannt hätte. Aber Sklaven haben eben nicht so eine Priorität.

Ich habe nicht mal ihren Namen gekannt.    
























Kapitel 78


Gut, das war also meine zweite Zimmernachbarin während dieses Klinik- Aufenthaltes. Unbegreiflicherweise, auch für mich selbst, überkam mich eine Woge intensiver Trauer um sie und als Yvonne  am nächsten Vormittag mein Gesicht sah und fragte: „Na, bist du denn kein bißchen froh, sie so schnell wieder los zu sein?“, da mußte ich doch tatsächlich heulen.

„Na, na, so habe ich´s doch nicht gemeint. Natürlich ist es traurig, dass sie sterben mußte.“ Nun waren wir beide traurig und das wollte ich auch nicht haben und ich bat sie, rauszugehen und mich allein zu lassen. Sie tat es.

Ich habe sogar zum ersten Mal seit langem wieder zum lieben Gott gebetet, dass er ihr alles verzeiht, was sie falsch gemacht hat in ihrem Leben und dass sie in den Himmel kommt.

Dann kam noch eine ungefähr fünfundzwanzigjährige junge Frau in mein Zimmer, die sah ganz gelb aus, weil sie ein Nierenleiden hatte, wie sie mir sagte. Deswegen sei sie aber nicht hier. (Sie verriet mir aber nicht, weshalb, und da wollte ich sie natürlich auch nicht fragen.)

Sie war eine Freie, aber ich muß sagen, ich habe selten eine Freie getroffen, die mir auf Anhieb so sympathisch war. Es war von vornherein keinerlei Förmlichkeit zwischen uns und als ich sie darauf hinwies, dass ich eine Sklavin sei, da lachte sie nur.

Wir duzten uns von Anfang an, sie mich sowieso, aber sie wartete gar nicht erst mein erstes „Sie“ ab, sondern sagte gleich: „Untersteh dich, mich zu siezen.“ Und dann kam mein Hinweis: „Ich bin aber eine Sklavin“, worauf sie, wie gesagt, nur lachte.

Wir unterhielten uns über alles mögliche, nur nicht über unsere Krankheiten oder den Grund unseres Hierseins, d.h. natürlich sagte ich ihr schon, dass man mich zu hart bestraft hätte, da guckte sie mit gespieltem Ernst und meinte augenrollend, und zwar so drollig, dass auch ich darüber lachen mußte: „ich werde deinen Fall bei der nächsten Sitzung meines Kreisverbandes der Anti- Sklaverei- Liga vortragen.“

Wir kicherten beide wie blöde darüber und damit war das Thema abgehakt.

Dann wurde ich entlassen und es gab noch ein letztes Gespräch im Zimmer meines Arztes, der, der mich immer so unpersönlich aber gut versorgt hatte.

Ich absolvierte es stehend, weil das mit dem Sitzen, das ging noch nicht so gut, er hinter seinem Schreibtisch auf seinem Sessel.

Mir klopfte das Herz bis zum Halse, schließlich würde er mir unter anderem nun eröffnen, wie es weiterging für mich und mit mir. Ob ich wieder zurückmüßte in die Sklavenschule, das hatte ich mich bis dato tatsächlich nie gefragt.

Er begann das Gespräch ganz sachlich, auf seine mir inzwischen vertraute unterkühlte Art. Teilte mir mit, dass ich in der Sklavenschule (aha, dahin ging die Reise also, o.k., das war nicht weiter erstaunlich, „die sind noch nicht ganz fertig mit dir“; so seine Worte) weiterhin zum Verbandswechsel bei der dortigen Ärztin müßte, es sei alles schon arrangiert, Einzelheiten erführe ich dort. Ebenso würden mir dort erst mal keine harten Strafen verabreicht, schon gar keine auf´s Gesäß, und im übrigen interessiere es mich vielleicht zu erfahren, dass mein Herr sich dort offiziell beschwert habe wegen meiner letzten Bestrafung und dass ich irgendwann in nächster Zeit noch mal ins Krankenhaus käme zur Erstellung eines medizinischen Gutachtens über die bleibenden Schäden.

„Du bist jung und hast auch sehr gut angesprochen auf die Behandlung und ich muß sagen, es ist alles in Rekordzeit geheilt bei dir und ich erwarte auch keine Komplikationen mehr.  Dein kleines Pfirsichärschchen wird aber einige unschöne Narben behalten, und das ist ein Jammer, und wenn ich dein Herr wäre, würde ich es dir gleich noch mal vertrimmen, weil du so eine schlimme Bestrafung über dich heraufbeschworen hast. Die wird schon ihren Grund gehabt haben, ich kenne euch.“

Ich senkte den Kopf.“ „Ja, Herr.“

„Gut. Und jetzt komm zu mir und zeig mir deine Fotz.“

Er machte noch ein bißchen Stinkefinger bei mir, der gute Herr Doktor, und dann stand ich auf der Straße an der Bushaltestelle vor dem Krankenhaus, versehen mit einem Ausgehschein, der mich berechtigte, ohne Umwege oder schuldhafte Verzögerung wieder zurückzukehren in die Hölle. Praktischerweise gab es eine Direktverbindung zwischen Krankenhaus und Sklavenschule, die Sekretärin des Doktors hatte mir alles haarklein erklärt, als sie mich im Anschluß an das Entlassungs- Gespräch mit den nötigen Papieren und etwas Kleingeld versorgte.

Im Bus untersagte mir der Busfahrer dann überflüssigerweise , mich zu setzen, obwohl der Bus fast leer war.

„Bleib stehen, Sklavensau.“

„Ja, Sir.“

Zack, hatte ich eine gefangen, die Übung verriet.

„Wiiie heißt das, du kleines Nüttchen?“

Dabei schraubte er an meinem Ohr herum, als wolle er es abmontieren und als Souvenir behalten.

„Aua, Herr, Herr, es heißt: Herr. Aua,aua, aber bitte aufhören, Herr, und ich entschuldige mich vielmals, aber bitte, bitte....“

Endlich ließ er es los. Im Bus lachten einige.

Ich fragte mich, woher er gleich wußte, dass ich eine Sklavin war. Ich trug meine schwarze Kluft mit den Stiefelchen, die verbargen den Ortungsreif. Als ob ich ein „S“ auf der Stirn eintätowiert hätte.


Dann stand ich vor dem Ort meiner Erniedrigung und meiner Qualen und hatte das Gefühl, als ob ich mir jeden Moment in die Hosen machen müßte.

Krämpfe jagten durch mein Gedärm, so heftig, dass mir nur zwei oder drei Minuten bewußt ruhigen Durchatmens dazu verhalfen,  den Aufruhr in meinem Inneren zu besänftigen.








Kapitel 79




Schritt für Schritt näherte ich mich der Pforte, drückte den Klingelknopf.

Ein Summer ertönte, und ich zog die schwere Eisentür so weit auf, dass ich hineinschlüpfen konnte.  Das erforderte Kraft, denn die war solide gebaut, die Tür, hinter der wir gefangen gehalten wurden, sehr solide, ich glaube, die hätte dem Angriff einer Kavallerie- Einheit widerstanden oder dem Beschuß mit Mörsergranaten.  


Drinnen ging´s dann zu meiner großen Erleichterung erst mal relativ zivil weiter.

(„Erst mal“, so sagte ich mir, „erst mal. Bild dir bloß keine Schwachheiten ein und zeig gleich, dass du was gelernt hast aus deiner Bestrafung und deine bisherige Renitenz abgelegt hast und sie bereust.“) 


In der Wachstube saß nur ein einziger älterer Aufseher, der rundlich aussah und eher gemütlich, aber das konnte auch täuschen.


Ich wagte noch nicht mal, meine kleine Sporttasche abzustellen ohne seine Erlaubnis; in ihr trug ich die wenigen Habseligkeiten, die man mir mitgegeben hatte ins Krankenhaus seinerzeit.


„Papiere!“

Dankbar, nun einen Vorwand zum Abstellen zum Abstellen der Tasche zu haben, denn auch meine Begleitpapiere befanden sich in ihr, nestelte ich diese flugs raus und reichte sie ihm stumm, er hatte mir schließlich noch keine Sprecherlaubnis erteilt. Zwar auch kein Redeverbot, aber sicher ist sicher.

Um eine eventuell hinter meinem Schweigen zu vermutende Respektlosigkeit zu entkräften, machte ich währenddessen meinen schönsten Sklavinnenknicks und lächelte ihn von unten herauf scheu auf eine kleinmädchenhafte Art an, von der ich aus Erfahrung wußte, dass ihr nur die wenigsten Männer widerstehen können.


Er las sich alles stirnrunzelnd durch und machte sich dann daran, die Daten mittels Zwei- Finger- Suchsystem in einen Computer einzugeben.

„Ausziehen. Nackt.“, befahl er zwischendurch beiläufig, und ich kam seinem Befehl so schnell und so geräuschlos wie möglich nach, während er weiterhin versuchte, mit der Computer- Tastatur klarzukommen.

Endlich war er fertig.


Schweigen.


„So, da ist unsere Dauerurlauberin ja. War´s schön auf der Kur, ja? Du bist jetzt die Ficke des Zuchtmeisters persönlich und ich sage dir, er hat einen ganz schönen Rochus auf dich, weil dein Herr, na, sagen wir mal, der hat dich Luder zwar nicht in den Griff gekriegt, du mußt ja ganz außer Rand und Band gewesen sein bei ihm, was man so hört, aber unsere manchmal grenzwertigen, jedoch äußerst effizienten Methoden sind dem Herrn auch nicht genehm. In diesem Zusammenhang ist leider der Name des Zuchtmeisters gefallen und obwohl du da nichts dafür kannst, wie ich für dich hoffe, so rate ich dir, keinen Anlaß zur Beschwerde zu geben. Aufseherin bist du übrigens die längste Zeit gewesen, das ziehst du nicht mehr an, verstanden?“

Er wies auf das Kleiderbündel am Boden.

„Ja, Sir!“

„Gruppenleiterin in dieser Serviergruppe bleibst du vorerst und du gehörst jetzt auch der Gymnastik- Gruppe von AK- 735/11 an, damit du uns wieder in Form kommst.“

„Ja, Sir“

„Täglich Arsch- Verbandswechsel bei Dr. Susi, unserer Ärztin. Du trittst täglich sie um 5.30h in der Früh im Krankentrakt an, sie erwartet dich, verstanden?“

„Ja, Sir.“


Schweigen, währenddessen er wieder die Tastatur malträtierte.


Dann, als könne er Gedanken lesen, griff er die in meinem Kopf herumschwirrende Frage auf.

„Deinen Richard haben wir übrigens rausgeschmissen. Stell dir vor, er hat versucht, herauszufinden, in welchem Krankenhaus du liegst. Wahrscheinlich wollte er dich besuchen und dir Blumen vorbeibringen und Konfekt. Solche Schwachmathiker können wir hier nicht brauchen.“

Richie, ach Richie.

Mein Herz zog sich auf einmal so zusammen, dass es schmerzte.

Werde ich dich jemals wiedersehen? Verzeih mir, dass ich dir nie gesagt habe, wie sehr ich dich liebe. Oh Richie, du lieber Narr. Warum bist du nicht einfach zum nächsten Krankenhaus gefahren? Und hast an der Pforte gefragt, ob ich dort bin?


Der Wachhabende griff zum Hörer.

„Ja, Servus, Adolf. Ralf hier... Ja, ich bin heute an der Pforte.... Ja, sie ist eingetroffen und sie weiß auch schon Bescheid. Kannst sie holen kommen. Und denk dran, höchstens in den Arsch, aber nicht mehr auf den. O.k., alles klar und keiner weiß Bescheid.“

Schmunzelnd legte er auf.

Und schrie mich an: „Hände in den Nacken, du Scheißtierchen du!“

Sofort verschränkte ich sie hinter meinem Kopf.

Er erhob sich und strich um mich herum. Haute mich in den Magen, dass mir die Luft weg.

„Waas, du stehst ja immer noch? Runter auf die Knie, wird´s bald.“

Ich ließ mich auf die Knie plumpsen, das es schmerzte.

Befriedigt setzte er sich auf die Schreibtischkante.

„Damit du klar siehst. Sowas wie dich, das würde ich  einfach totschlagen, sowas wie du wird nie aufhören, Widerstand zu leisten. Mich täuschst du nicht.“

Wie gut, dass ich von vornherein auf der Hut gewesen war vor ihm!


So kniete ich auf dem Boden, nackt und mit im Nacken verschränkten Händen, die Arme seitlich abgewinkelt, und es geschah erst mal gar nichts, der Aufseher hatte sich wieder hinter seinen Schreibtisch verzogen und widmete sich seinem Computer und irgendwelchen Schriftstücken.

So langsam kam mir das Unerträgliche  meiner neuen Situation zu Bewußtsein. Ich war jetzt die Ficke des Zuchtmeisters. Dieses alten, fetten, stinkenden und hochgradig sadistischen Bockes. Oh nein, bitte, lieber Gott, das gab´s doch nicht. Bitte tu irgendwas.

Es geschah aber nichts, außer das mir meine abgewinkelten  Arme so langsam schwer wurden. Wenn ich sie näher zusammenbrächte, die Ellenbogen aufeinander zubewegte, wäre es sicherlich leichter auszuhalten. Das traute ich mich aber nicht. Hundertprozentig beobachtete der Aufseher mich und wartete nur darauf, das ich die kleinste Bewegung machte. Ich beschloß, mir diese Möglichkeit für später, für den äußersten Notfall  aufzuheben und betete, dass ich vorher aus meiner Zwangshaltung erlöst würde, und sei es durch das Auftauchen des Zuchtmeisters. Obgleich genau dieser Gedanke nicht nur einen heftigen Widerwillen in mir auslöste, sondern auch eine gehörige Portion Angst und meine Seele sich so langsam mit rabenschwarzer Verzweiflung anfüllte. Vielleicht, wenn ich mich umbrächte...., dann hätten sie keine Macht mehr über mich. Nie mehr....

So verlockend erschien mir dieser Gedanke in jenen Minuten, die sich endlos dehnten für mich aufgrund meiner erzwungenen und äußerst unbequemen, so allmählich sogar schmerzhaften Körperhaltung, dass er mir tatsächlich die Kraft gab, durchzuhalten. Alle Qual würde ein Ende haben, alles Leid, aller Schmerz- alle Erniedrigung würde hinweg gewischt  werden im Bruchteil einer Sekunde...

Da- ein klatschender Schlag- der Aufseher hatte mit einer Hundepeitsche auf die Schreibtischplatte gehauen.

„Aufrecht- Titten raus, Arme in einer Linie, du Saufotz du, du verdammte.“

„Ja, Sir. Verzeihen Sie bitte Sir.“

Eilig richtetet ich mich wieder auf und straffte meinen Körper. Während meiner Tagträumereien war ich unmerklich ein wenig in mich zusammengesunken, nur ein winziges bißchen, aber doch genug, um meinem Quälgeist aufzufallen.


Er stand auf und kam rüber zu mir, stellte sich breitbeinig vor mich.

„Wo der Adolf nur bleibt?“, brummte er, „na gut, dann wirst du mir eben schön einen blasen in der Zwischenzeit, was, Saufotze?“

„Ja, Sir, selbstverständlich, Sir.“

„Waas, wie heißt das, Saufotze? Wiiie heißt du?“

Ach so, das wollte er, jetzt kapierte ich erst. Einen Moment lang hatte ich gedacht, er wollte mit „Herr“ angesprochen werden wie der Busfahrer.

„Saufotze, Saufotze, ich heiße....aua, aua, aua....“; weiter kam ich erst mal nicht, denn der Aufseher hatte sich leicht gebückt und mich mit einer Geschicklichkeit, die man ihm bei seiner Korpulenz gar nicht so ohne weiteres zutrauen sollte, blitzschnell an beiden Tittchen gefaßt, ganz unten, wo sie am Brustkorb anliegen. Da ist zwar nicht viel bei mir und ich war ja noch magerer geworden in letzter Zeit, aber das milchspendende Gewebe, über das ich verfüge, ist sehr empfindlich. Und er umklammert es eisern, wie Krebsscheren fühlte sich das an, und zerrte es gleichzeitig unbarmherzig nach oben.

„Hoch, hoch mit dir, Drecksnutte, Saufotz, und die Hände bleiben schön, wo sie sind, sonst mach ich dich hin...“, er atmete schwer, während er erbarmungslos an einer der intimsten Stellen meiner Weiblichkeit herumquetschte und herumriß.

Verzweifelte bemühte ich mich auf die Füße zu kommen, hochzukommen und die Hände „schön“ hinten zu behalten, auf diese Weise kann man aber kaum aufstehen aus einer knienden Position, also riß er mich faktisch an meinen Brüstchen nach oben, das tat so schauderhaft weh, dass ich nicht anders konnte als heulen wie ein Wolf, die Hände aber hielt ich im Nacken verschränkt, das schaffte ich tatsächlich.

Ach, was soll ich euch sagen, der Zuchtmeister ließ auf sich warten und sein Kumpel, der Ralf, hat mich so geschlagen, so arg geschlagen, mit dieser Hundepeitsche, die er auf dem Schreibtisch liegen hatte, überall hin, nur nicht auf den Po, dabei keuchte er und stieß abgehackt hervor: „totschlagen, totschlagen, sowas wie dich müßte man einfach totschlagen“, oder: „ja, wir werden dich mit Samthandschuhen anfassen, ganz wie dein Herr und Gebieter das wünscht...“

Zwischendurch gab´s eine Pause, die er dazu benutzte, mein Gesicht regelrecht zu vergewaltigen, und wenn ich nicht diese „deep- throat“- Technik draufhätte, ich glaube, ich wäre erstickt an seinem großen Schwanz, den er mir rücksichtslos in die Kehle rammte, wieder und immer wieder, aber ich war auch so kurz davor. Danach gab´s noch mehr Prügel mit der Hundepeitsche, richtig heftige Prügel, und am Ende, als er innehalten mußte, weil er sich total verausgabt hatte und sich schwer atmend auf seinen Schreibtischsessel fallen ließ, da war ich nur noch ein striemenbedecktes und zuckendes Häufchen Elend, das haltlos schluchzend auf dem Boden lag.


Da ging die Tür auf und der Zuchtmeister trat ein, in aufgeräumter Stimmung, wie es schien, und als ich ihn hörte, da versiegten meine Tränen schlagartig und ich mußte nicht mehr weinen. Mein ganzer Körper, außer an der bewußten Stelle, die ausgespart worden war, brannte wie Feuer, aber es tat nirgends richtig weh, wie ich mit Erleichterung feststellte, außer ein bißchen in der Kehle halt, aber nicht arg und das war nicht schlimm. 

„Nanu nanu“, lachte er, „ich sehe, ihr habt euch schon Hallo gesagt. Und dabei gar nicht auf mich gewartet, das ist aber ungezogen von euch. Grüß dich, Ralf“. Mit diesen Worten stieg er einfach über mich hinweg und streckte seinem Kumpel die Hand hin, der sie, ohne sich zu erheben, ergriff.

„Sorry, Adolf, alter Knabe, aber man wird nicht jünger und ich bin ganz außer Atem...“  „Bleib sitzen, bleib sitzen, ich seh schon, du hast dich mal wieder, ohne dich selbst zu schonen, reingekniet in deine dienstlichen Obliegenheiten. Wenn du so weiter machst, dann rührt dich eines Tages noch der Schlag...“

Beide lachten ihr dröhnendes Männerlachen.

Ich hatte mich derweil  etwas mühsam so schnell es ging aufgerappelt und kniete nun wieder, gebeugten Hauptes, die Arme hielt ich hinter dem Rücken verschränkt, ganz hoch brachte ich sie nicht, dann spannte die teilweise aufgeplatzte Haut am Rücken zu sehr. Aber sie sollten meinen guten Willen sehen und einfach liegenzubleiben, das wäre sicherlich eine nicht wiedergutzumachende Respektlosigkeit gewesen.

„Ach übrigens“, lachte Ralf, „ich habe sie auch getauft, damit sie wenigstens einen richtigen Namen hat. Na los..“, wandte er sich an mich, „sag dem guten Onkel, wie du heißt, wird´s bald?“

„Saufotze, ich heiße Saufotze, Sir, ich meine: Herr“, wisperte ich.

„Wiie, wiiie heißt du?“, brüllte da Ralf los, „lauter, wir haben dich nicht verstanden!“

„Saufotze, ich heiße Saufotze, und die Saufotze möchte sich entschuldigen, dass sie zu leise geredet hat“, antwortete ich nun lauter und fügte mit festerer Stimme hinzu: „bitte, Sir, Herr, bitte verzeihen Sie der Saufotze diesen Ungehorsam.“


Adolf blickte Ralf an: „Na, was meinst du? Eintrag ins Strafbuch?“

„Nee“, feixte der, „ich glaube, für diesmal können wir´s gut sein lassen.“

„Hast recht. Für diesmal hat sie ihre Abreibung schon gehabt, wie´s ausschaut. Aber...“ zu mir gewandt jetzt, „das ist ab jetzt ohne Scheiß dein neuer Name, und auf den hörst du und kommst angetrabt, wenn man dich damit ruft, wenn dir dein Leben lieb ist.“

Dann sprach er wieder zu Ralf: „Vielleicht sollten wir´s immer so machen, ich hab diesen Nummernscheiß nie leiden können.“

„Wem sagst du´s?“, seufzte Ralf, „apropos: komm her, du“, er winkte mich heran.

Ich kroch auf allen vieren rüber zum Schreibtisch und versuchte dort, mich an ihm hochzuziehen.

„Bleib unten, ist o.k. so“, brummte Ralf, kramte eine Ohrmarke und die Spezialzange zum Festclippen aus einer Schreibtischschublade, das Ohrloch hatte ich ja noch, das war nicht zugewachsen in zwei Wochen.

„Na los, komm rübergekrochen zu mir, mach schon!“

Das tat ich und legte meinen Kopf in seinen Schoß, mit dem gelochten Ohr nach oben. Er clippt die Marke an meinem Ohrläppchen fest.         

                             



         

                       

                                                     

Kapitel 80



Tja, war das nun Folgende der schlimmere Teil meines Martyriums an jenem Ort? Ja oder nein? Schwer zu sagen.

Objektiv sicherlich, wie ihr beim weiteren Durchlesen dieses Tatsachenberichts noch merken werdet (ich habe vielleicht manches weggelassen, aber nichts hinzuerfunden, sondern bemühe mich, alles so darzustellen, wie ich es in Erinnerung  habe), aber subjektiv habe ich möglicherweise während des ersten Teils meines Aufenthalts mehr gelitten, einfach weil ich leidensfähiger war. Schon während mir all das widerfuhr, was ich im Kommenden noch schildern werde, erstaunte es mich selbst, wie sehr ich mich gewandelt hatte. Ich war jetzt einfach in der Lage, Dinge zu ertragen, schlimme Grausamkeiten ebenso auszuhalten wie extremste Demütigungen, die mir beide noch in überreichem Maß zuteil werden sollten. Sensibleren Gemütern unter euch rate ich, jetzt einfach mal die nächsten ein bis zwei Kapitel zu überspringen.

(Obwohl ich, der Micha als der eigentliche Autor dieser Erzählung, um mal ganz kurz in die Meta- Ebene zu wechseln, es natürlich nicht ganz ausschließen möchte, dass Du, geehrter Leser, dir bereits jetzt einen runterholst bzw. Du, geneigte Leserin, Dir Deine feuchte Muschi reibst, Schlingel, die Ihr seid, und meine wohlgemeinten Worte auf taube Ohren stoßen, was möglicherweise in meiner Absicht liegt. Aber die Anna meint sie ernst, kapiert, Ihr Perverslinge? Und Ende des Einschubs.)


Es fällt mir schwer, die nächsten zwei Wochen, auf die dann meine Entlassung folgen sollte und in denen ich im Nachhinein betrachtet gewissermaßen meinen „Feinschliff“ erhielt, chronologisch zu erzählen, da ich innerlich alles zu sehr abblockte, um es geordnet in Erinnerung zu behalten. Auch befürchte ich, dass es manchmal etwas ermüdend wirken könnte auf den Leser, weil der Spruch: „Schläge halten frisch und kregel“ (Wilhelm Busch) trifft zwar zu, wenn man sie abbekommt, aber nicht notwendigermaßen, wenn man ständig über sie liest.

Also werde ich mich darauf beschränken, das „Atmosphärische“ zu schildern und einzelne „Highlights“ einstreuen, nicht nur, was ich selber erlitten habe, sondern auch Begebenheiten, deren Zeuge ich wurde. You have been warned!         


Review This Story || Author: Michael Fuhs
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